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Predigt von Pfarrerin Singha-Gnauck zum Sonntag, dem 27.9.2020
Predigt von Pfarrerin Singha-Gnauck zum Sonntag, dem 27.9.2020
# Geistliche Nahrung

Predigt von Pfarrerin Singha-Gnauck zum Sonntag, dem 27.9.2020
Gott loben
„Lobe Gott, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen,
lobe Gott, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
Liebe Gemeinde,
wie oft habe ich diesen Satz aus dem Psalm 103 sprechen dürfen. In fast jedem Gottesdienst, wenn wir die Spenden eingesammelt haben, wenn wir unsere Unterstützung für andere in Geld ausdrückten und uns dabei vor Augen hielten, dass auch wir in unserem Leben viel Unterstützung erfahren haben.
Geben, nicht weil wir etwas geben müssen, sondern weil wir uns bewusst machen, dass wir selbst so viel erhalten haben, dass wir davon etwas weitergeben können.
Was für eine tolle Grundeinstellung!
Und doch: fröhlich Geben klappt nicht immer. Denn wir können es nicht machen. Aus einem fröhlichen Herzen heraus zu geben ist ein Geschenk.
Dieses Geschenk der Fröhlichkeit und des weiten Herzens können wir uns ruhig so oft es geht schenken lassen. Denn das führt zu einem erfüllten Leben. Das berührt die Frage nach dem Glück.
Dazu ein all bekannter Spruch von James Matthew Barrie, der vor über 100 Jahren Peter Pan geschrieben hatte:
„Glück liegt nicht darin, daß man tut, was man mag,
sondern dass man mag, was man tut.“
Wenn wir das, was wir tun, mit Freude angehen, erfüllt sich jeder Augenblick. Diese vielen Augenblicke habe ich hier in Dreieinigkeit und in unserem Kirchenkreis erleben können. Deswegen: „Lobe Gott, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen, lobe Gott, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
Segnen
Doch warten Sie mal. Als ich in der Vorbereitung der Predigt mir den Psalm und verschiedene Übersetzungen näher angesehen habe, stutzte ich. Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt: „Segne die Eine, du meine Lebenskraft! Alles in mir segne ihren heiligen Namen!“ Zwei Anstöße habe ich hierdurch erhalten.
Segne!
Nach meinem Sprachempfinden sind Segnen und Loben zwei unterschiedliche Verben. Und ich fragte mich: Wie kann ich als Mensch Gott segnen?
Doch in der hebräischen Sprache steht segne. Segne, meine Seele, die Gottheit, die mit dem unaussprechlichen Namen geschrieben steht. Also nähere ich mich dem Geschehen des Segnen.
Segnen heißt — da hilft mir das lateinische Wort benedicere: gut reden, Gutes sagen, von jemandem gut sprechen. Ganz einfach.
Wir segnen uns also ganz oft.
Zum Beispiel, als wir uns vorhin begrüßt haben. Wenn sich Menschen begegnen, suchen sie nach freundlichen Worten. „N’ guten Tag.“ wünschen wir uns. Auch wenn wir uns im Gottesdienst nicht mehr die Hand zur Begrüßung reichen, winken wir uns doch freundlich zu. Auch Lächeln kann ein schöner Gruß sein.
Zum Abschied wünschen wir uns: Alles Gute! Viel Glück! Eine gute Nacht! Bleib behütet! Gutes Wünschen gehört wesentlich zum Segnen dazu. Es soll nicht nur jetzt zwischen uns gut sein, sondern auch dann, wenn wir uns nicht mehr sehen.
Dazu gehört die Fähigkeit herauszufinden, was meinem Gegenüber jetzt gut tut. Gut reden setzt voraus, Gutes wahrzunehmen. Was kann jemand gut, dass ich dieses erwähnen kann? Welche Worte tun gut? Das hat nichts mit schönreden zu tun. Umgekehrt, sich etwas schönreden beinhaltet das Gefühl, dass dies nicht stimmt. Segnen ist grundlegender und fragt nach dem, was gut ist und was gut tut. Es fordert von uns Wahrnehmung, Interpretation und Entscheidung.
Im ersten Buch Mose wird erzählt, dass Rebecca ihre Eltern und Geschwister verlässt, um zu ihrem künftigen Mann in ein anderes Land zu ziehen. Sie wird von ihnen gesegnet und erhält damit das Zutrauen, dass sie ihren Weg geht, und die Zuversicht, dass es ihr gut gehen werde. Ja, sie und ihre zukünftige Familie und nachfolgende Generationen mögen in Frieden und Gerechtigkeit leben. Segenswünsche gehen über die aktuelle Situation hinaus und nehmen das große Ganze mit in den Blick.
Segnen heißt Gutes wünschen und zutrauen! Anerkennen. Würdigen. Ermutigen. Gut zureden und trösten. Die Gesamtheit unseres Lebens und unserer Raum- und Zeitvorstellungen im Blick haben. Durch Worte, Gesten und eine gute Atmosphäre unterstützen wir uns gegenseitig. So tragen wir dazu bei, dass sich das Gute zwischen uns und in der Welt vermehrt.
Und jetzt wird es spannend: Segne Gott, meine Seele!
Ein Mensch segnet Gott.
Ja, ich will durchbuchstabieren, was das heißt.
Segne Gott!
Sage Gott Gutes — Rede gut von Gott — Wünsche Gott Gutes
A) Sage Gott Gutes
Erstens: Sage Gott Gutes. Wie bei einer Begrüßung nehmen wir auch im Gebet Kontakt zu unserem Gegenüber auf und suchen die Verbindung. Der Psalm 103 leitet uns hierfür an. Wer ihn betet, nimmt wahr, wie Gott wirkt.
An was für einen Gott glauben wir? An die Macht, die uns vergibt und uns heilt, die uns selbst im Tod Leben schenkt und uns auszeichnet mit Güte und Barmherzigkeit. Wenn wir dies glauben und in unserem Leben und in der Welt wahrnehmen, sollen wir dies ruhig immer wieder benennen und damit den Spuren Gottes folgen.
B) Rede gut von Gott
Dann: Von Gott gut reden — ist immer wieder eine große Herausforderung: Wie rede ich so von Gott, dass das Wesen Gottes deutlich wird und gleichzeitig das für Menschen Unsagbare bewahrt bleibt?
Im Psalm 103 gibt es gemäß der jüdischen Tradition vier Buchstaben, die den Gottesnamen andeuten: J H W H, das sogenannte Tetragramm. Es wird nicht ausgesprochen. Stattdessen wird „Adonai“ gelesen, was Luther mit „der HERR“ in Großbuchstaben wiedergibt.
Doch heute reden wir von „dem Herren“ — als wäre es Herr Müller-Schulze-Lehmann. Die Ehrfurcht vor dem Namen Gottes ist verschwunden; er hat keinen mehr. ER — denn das männliche Geschlecht ist geblieben.
„Segne die Eine, du meine Lebenskraft! Alles in mir segne ihren heiligen Namen!“ Die Bibel in gerechter Sprache hat versucht, hier einen Ausgleich zu schaffen, indem sie Gott mit vielen verschiedenen Wörtern wiedergibt. Hier an dieser Stelle setzt sie mit „die Eine“ ein weibliches Pendant gegenüber.
Diese Vielfalt ist wichtig und vor allem die Offenheit, wohl wissend, dass dies in unserer Sprache nicht einfach ist.
Doch noch einmal: Wie rede ich gut von Gott, von der Macht, die uns das Leben geschenkt hat, uns jeden Tag begleitet, ermutigt und zum Guten herausfordert? Von einem Gott, der Mensch wurde und auch heute unter uns Menschen wirkt?
Indem ich Gottes Wirken suche, entdecke und anerkenne. Und indem ich unsere menschlichen Grenzen akzeptiere und benenne. Ja, wir sind Staub, flüchtig und kaum wahrzunehmen in diesem riesigen unvorstellbaren Weltall, Sternenstaub, mit der ganzen Schöpfung verbunden und des Lobes voll gegenüber der Macht, die dies bewirkte.
C) Wünsche Gott mit deinem ganzen Zutrauen Gutes
Zu guter Letzt: Gott segnen heißt, Gott Gutes wünschen und darauf vertrauen.
Ja, Gott, dein Name werde geheiligt, dein Wille geschehe hier bei uns auf Erden wie überall in der gesamten Schöpfung.
Meinen wir das ernst? Trauen wir Gott zu, Frieden und Gerechtigkeit auf Erden zu schaffen? Trauen wir Gott zu, unsere Kirche so zu gestalten, dass wir Christinnen und Christen Gutes in unserer Gesellschaft bewirken?
Oder sagen wir das nur, weil es nett klingt? Aber eigentlich wissen wir doch sowieso, dass das nicht passieren wird?
Wer segnet, sollte den Segen Gott auch zutrauen. Denn im Segenswunsch verbinden wir uns mit Gottes Willen und werden Teil des Segens.
Und dann geschieht Unglaubliches, was der Psalm 103 andeutet. Alle, die Gott segnen, erneuern sich. Und selbst, wer dem Tode schon nah ist, erhebt sich wie ein Phönix aus der Asche.
Schluss
Lassen Sie mich die Predigt mit einem Segenswunsch beenden, den mir ein Mann in diesen Tagen geschrieben hat:
Ich wünsche Ihnen von Herzen einen glücklichen und gelungenen weiteren Weg und dass der Segen Gottes, den Sie den ganzen Tag über geben, in überreichem Maße auf Sie kommen möge.
Amen.
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