02/07/2024 0 Kommentare
Predigt von Pfarrerin Karin Singha-Gnauck zum Freitag-Gottesdienst am 25.9.2020
Predigt von Pfarrerin Karin Singha-Gnauck zum Freitag-Gottesdienst am 25.9.2020
# Geistliche Nahrung
Predigt von Pfarrerin Karin Singha-Gnauck zum Freitag-Gottesdienst am 25.9.2020
Liebe Gemeinde,
heute geht es um das beste Anliegen unseres Glaubens: Segnen und zum Segen werden.
Segen — wieder so ein religiöses Wort das heutzutage in unserer Alltagssprache nur in einer schlechten Umwandlung vorkommt. Wir sprechen von absegnen, wenn irgendjemand noch zustimmen musste. Schade.
Segnen ist etwas ganz anderes. Und das können wir uns heute vor Augen führen und verinnerlichen. Ich selber lebe vom Segen und Segnen — in den Gottesdiensten und Andachten, zum Schluss unserer GKR-Sitzungen, bei Taufen, am Sterbebett und der diamantenen Trauung am letzten Mittwoch. Ja, wenn ich jemandem eine Karte schreibe, füge ich auch gern nicht nur meine Grüße, sondern auch Gottes Segen hinzu.
Was ist Segnen?
Ganz einfach: Segnen heißt Gutes sagen - für die, die mal Latein gelernt haben: benedicere gut sagen, von jemandem gut sprechen. Segnen heißt auch: Gutes wünschen, sich grüßen, gratulieren, loben.
Wir segnen uns also ganz oft.
Wenn wir uns begegnen, dann begrüßen wir uns und wünschen uns zum Beispiel einen guten Tag. Sonntags im Gottesdienst stehen wir auf. Und da wir nicht mehr durch die Reihen gehen können, winken wir uns zu. Auch ein Lächeln kann ein schöner Gruß sein.
Dann gibt es Situationen, in denen wir anerkennend sagen: „Das ist dir gut gelungen“ und erzählen anderen Menschen davon.
Oder wir wünschen beim Abschied: Alles Gute! Viel Glück! Eine gute Nacht! Bleib behütet!
Wir nehmen mit einander Gutes wahr und wünschen einander Gutes. So tragen wir dazu bei, dass sich das Gute zwischen uns vermehrt.
Ja, so möchte ich leben. Das ist mein größter Wunsch, dass wir alle so mit einander umgehen — ob wir uns sehen oder in der Ferne an einander denken — dass wir uns Gutes wünschen, uns achten, an einander freuen und in schweren Situationen uns durch gute Wünsche ermutigen.
Gerade wenn Veränderungen anstehen, braucht es vor allem Aufmerksamkeit und Zuspruch. Dann erhält der Segen ein besonderes Gewicht.
In der Bibel wird von einer jungen Frau erzählt. (1. Mose 24): Rebekka möchte mit Isaak zusammen leben und ist schon neugierig. Denn er wohnt weit weg in einem anderen Land. So zieht sie zu Hause aus. Bei der Verabschiedung segneten die Eltern und Geschwister Rebekka und sie sprachen zu ihr: „Du, unsere Schwester, wachse zu vieltausendmal tausend. Und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen.“
Etwas altertümlich, dieser Wunsch. Der ist ja auch schon 3.000 Jahre alt. Aber wohltuend. Diese junge Frau darf wachsen, sich entfalten, sich verwirklichen — und mit allen in Frieden leben; sie, ihre Familie und sämtliche Generationen, die nach ihr kommen.
Übrigens: Die Tore waren früher der Ort, wo das Gericht tagte. Es geht hier also auch um die Rechtsprechung. Frieden und Gerechtigkeit selbst mit den Feinden soll dieser jungen Frau vor Augen stehen. Was für ein toller Wunsch!
Was wünschen wir uns heute? Auch, dass wir und all die jüngeren Menschen unter uns, all unsere Kinder und Enkel und nachkommenden Generationen im Frieden leben können? Gerecht mit einander umgehen? Darauf achten, dass keiner benachteiligt wird, sondern alle unsere Gesellschaft mitgestalten?
Wünschen wir uns, dass die jungen Frauen und Männer unter uns wachsen, ihre Ideen einbringen, Verantwortung übernehmen und mit entscheiden?
„Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt. Er selbst kommt uns entgegen, die Zukunft ist sein Land.“ haben wir gesungen. Ja, die jungen Leute sind unsere Zukunft.
Und die Älteren auch. Wir brauchen uns nicht aufteilen lassen in Frauen und Männer, Junge und Alte. Deswegen bringe ich ein zweites Beispiel aus der Bibel ein. Hier wird ein 75 jähriger Mann gesegnet, der fast alles verlassen wird, was ihm wichtig war: sein Zuhause, seine Eltern und Geschwister, seine Freundschaften, seine Heimat. Abraham heißt er.
„Gott sagte zu Abram: Geh los! Aus deinem Land, aus deiner Heimat und aus deinem Elternhaus. In ein Land, das ich dir zeigen werde.
Und ich werde dich zu einem großen Volk machen und ich werde dich segnen. Und ich werde deinen Namen groß machen. Werde so selbst ein Segen!
Ich werde segnen, wer dich segnet. Wer dich erniedrigt, den verfluche ich.
In dir werden gesegnet sein alle Völker der Erde.“
Ein Mensch der älteren Generation wird zum Segen für alle Menschen auf der ganzen Erde. Was für eine wohltuende Zukunft für uns alle, wenn wir vor Augen haben, dass ältere Menschen ein Segen sind! Ja, so möchte ich alt werden.
Dann brauchen wir keine Angst haben, dass wir irgendwo vergessen und hilflos sind. Auch wenn wir nichts mehr tun und geben können, angewiesen sind auf fremde Hilfe und den Tod vor Augen haben, dürfen wir wissen, dass uns Gott trotzdem zum Segen werden lassen kann. Und selbst wenn es sich in der Situation nicht so anfühlt, kann es sich im Nachhinein so herausstellen. Bleiben wir also gespannt, was Gott mit uns vorhat.
Und ein Zweites ist mir dabei wichtig:
Einem Menschen wird unabhängig vom Alter zugetraut, Neues zu wagen, neue Lebenswege einzuschlagen, sogar noch einmal ganz von Neuem anzufangen. Wenn Gott bei uns ist, können wir zusammen herausfinden, was für uns und für die anderen gut ist.
Und wenn wir Angst bekommen? Wer weiß, wie viel Angst Abraham hatte, als er seine Familie und bekannte Umgebung verließ? Und trotzdem ging er los. Zuversichtlich, weil er wusste, dass ihn Gott behütet und begleitet.
Segnen heißt also auch, jemandem etwas zutrauen !!
Das wünsche ich uns allen, allen, die Neues suchen, mutig den Herausforderungen entgegensehen wie auch das Gewohnte lieben:
Möge uns Gott segnen auf unseren unterschiedlichen Wegen.
Denn: alle meine Quellen entspringen in dir, in dir, mein guter Gott.
Amen.
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